Verehrte Anwesende! – und im besonderen:

Liebe Schüler und Schülerinnen der Liselotte-Funcke-Schule!

 

Zuerst möchte mich vorstellen: Meine Mutter war die Schwester von Liselotte Funcke, sie ist also meine Tante.

Als ich vor langer Zeit im 5. und 6. Schuljahr war, also genau so alt, wie Ihr jetzt, hatte ich einen weiten Schulweg: vom Goldberg herunter durch die Innenstadt und auf der gegenüber liegenden Seite in einem Bogen wieder hinauf. Die jüngeren Schülerinnen der Ricarda-Huch-Schule wurden damals im Gebäude der jetzigen GS Funckepark unterrichtet.

Ein Jahr später war die Fußgängerbrücke über die Volme fertig gebaut. Sie ver-kürzte meinen Schulweg. Diese Brücke verband die beiden Teile der Funcke-Straße miteinander.

Funcke-Straße? Der Name Funcke ist also schon in unserer Stadt verewigt?

Ja, die Straße trägt den Namen des Urgroßvaters meiner Tante. Er gründete in Hagen eine Schraubenfabrik, die fast 125 Jahre bestanden hat. Zur Gründungs-zeit benötigte man ganz viele Schrauben, weil überall in Deutschland Eisen-bahnschienen gelegt wurden. Da kann man sich vorstellen, dass viele Arbeitskräfte gebraucht wurden und dass die Firma gut lief.

Das ist aber kein Grund, um nach seinem Tod eine Straße nach ihm zu benennen. Dieser Ururgroßvater von mir, Bernhard Wilhelm Funcke, sah die damalige große Armut vieler Hagener Bürger. Er zahlte freiwillig für alle seine Mitarbeiter Geld für die Krankenkasse, die in seiner Firma eingerichtet wurde. Öffentliche Krankenkassen gab es nämlich noch nicht. Er ließ an mehreren Straßen für die Arbeiter Häuser bauen, die er von seinem Geld bezahlte, und er schenkte bei Todesfällen den Ehefrauen und vaterlosen Kindern Geld. Außerdem gründete er eine technische Schule, in der die jungen Arbeiter ausgebildet wurden. Und das ganze Gelände des Funckeparks, ein großes Grundstück, das er in früheren Jahren gekauft hatte, schenkte er der Stadt Hagen mit der Auflage, dass dort niemals gebaut werden sollte, denn die Hagener brauchen Grünflächen für ihre Gesundheit und zur Erholung.

Dieser Bernhard Wilhelm Funcke gab seinen Kindern und Enkeln bis zu den Urenkeln ins Herz: Das Wichtigste im Leben ist nicht, reich zu werden, sich immer Vergnügen zu schaffen, Bewunderung auf sich zu ziehen, sondern im Leben etwas Sinnvolles für andere zu tun, anderen zu helfen, damit sie es in ihrem Leben leichter haben. Man könnte sein Erziehungsziel so ausdrücken: Wenn man im Leben gut zurecht kommt, sollen Freude und Dankbarkeit darüber dazu veranlassen, in der Freizeit sich für die Mitmenschen einzusetzen, denen es schlechter geht. Diese Arbeit soll ehrenamtlich geschehen, das heißt, freiwillig und ohne Bezahlung. Kinder und Enkel der Funcke-Familie wurden also dazu angeleitet, in diesem Sinn auch ihr Leben zu gestalten. Liselottes Funckes Vater, also mein Großvater, setzte sich z. B. ehrenamtlich über 40 Jahre lang für körperbehinderte Menschen ein. Eines der Häuser der Evangelischen Stiftung Volmarstein heißt deshalb: Oscar-Funcke-Heim.

Meine Tante Liselotte, hat den Lebensgrundsatz ihrer Vorfahren als ganz besonders wichtig angesehen und in ihrem Leben stets verwirklicht. Über ihren Einsatz im Beruf und in mehreren Ehrenämtern, bei denen immer das Wohl ihrer Mitmenschen im Vordergrund stand, habt Ihr neulich am Tag der Offenen Tür gehört und Texte gelesen, und heute kommen ihre vielen Aktivitäten für andere durch die Redner deutlich zum Ausdruck. Die heutigen Redner bringen hohe Werte wie Anerkennung, Würdigung und Wertschätzung für sie zum Ausdruck. Die Stadt Hagen dankte meiner Tante, indem sie sie 1993 zur Ehrenbürgerin Hagens ernannte, und die Fernuniversität verlieh ihr schon Jahre zuvor den Doktortitel.

Indem diese neue Sekundarschule ab jetzt den Namen Liselotte Funcke trägt, zeigt die Schulgemeinschaft, dass sie meine Tante zum Vorbild ausgesucht hat. Diese Schule macht die Erinnerung an sie unvergesslich. Möge dadurch auch der Wunsch aufkommen, wie sie ein hohes Ziel zu verwirklichen, nämlich: Verständnis füreinander zu haben, in Frieden, Toleranz und Hilfsbereitschaft zusammen zu leben und die Welt ein bisschen besser zu machen!

Wir Familienmitglieder haben uns sehr über die Namensgebung gefreut. Wir möchten dem Kollegium der Schule, den Verantwortlichen der Stadt Hagen und Euch Kindern ganz herzlich dafür danken. Wir freuen uns anhaltend über diese ehrende Namensgebung und wünschen der neuen Sekundarschule jetzt und in aller Zukunft, dass sie wächst, blüht und gedeiht und sich alle hier wohl fühlen.

 

Gisela Fiebig am 23.03.2015